Hunde in rumänischen Dörfern – Verhaltenstipps

Zwei der schlimmsten Köter im Dorf

Eigentlich hätte ich zu diesem Thema „Hunde in rumänischen Dörfern“ längst etwas schreiben müssen, aber die Hunde sind für mich hier so selbstverständlich, dass ich erst durch ein Gespräch auf dieses Thema gestoßen wurde. Wer den Umgang mit Hunden nicht gewohnt ist und vielleicht sogar Angst vor ihnen hat, wird in den meisten Dörfern Rumäniens zunächst sehr verunsichert sein. Zumindest dann, wenn er zu Fuß unterwegs ist. Vom wütenden Kläffen hinter den Einfahrtstoren eines jeden dritten Hauses bis zu den zahllosen Mischlingsrassen, die auf den Dorfstrassen herumlungern kann man sich durchaus ängstigen, wenn auch ohne Grund, wie ich hier erklären möchte.

Da ich bis auf einige Jahre immer selbst Hunde hatte und auch jetzt wieder eine Deutsche Schäferhündin als Begleiter habe, bin ich mit dem Verhalten von Hunden vertraut und kann sie einschätzen. Das setzt allerdings Aufmerksamkeit bei Begegnungen und das Vermeiden von Missverständnissen voraus.

Meine Schäferhündin Fricka
Meine Schäferhündin Fricka

Der gemeine rumänische Hund

Die freilaufenden Hunde in rumänischen Dörfern haben alle schon ihre Erfahrungen gesammelt. In der Regel gehen sie einem aus dem Weg, wenn man auf sie zugeht. Der eine oder andere Rumäne hat ihnen das wohl schon frühzeitig per Fusstritt beigebracht. Überhaupt lassen sich die meisten Rumänen von frei laufenden Hunden überhaupt nicht beeindrucken. Sie gehören zum Straßenbild im Dorf.

An dieser Stelle an die Tierschützer: Bei mir im Dorf sind die freilaufenden Hunde in aller Regel keinen herrenlosen Hunde. Viele Hundebesitzer lassen ihre Hunde einfach so durchs Dorf streunen. Gassigehen kennt man hier nicht! Zudem füttern sie so ihre Hunde kostengünstig (wenn auch ungesund) durch, weil an etlichen Häusern neben Wasser auch alle Arten von Speiseresten vor das Hoftor gestellt werden.
Daher bin ich hier auch der einzige Dorfbewohner, den man mit seinem Hund auf Spaziergängen sieht.

Wozu haben sie dann überhaupt Hunde in rumänschen Dörfern?

Die Hunde in rumänischen Dörfern braucht man zum einen, weil sie verhindern, dass sich Füchse oder Marder nachts die Hühner und Hasen aus dem Stall holen und zum anderen, weil es auch ein probates Mittel gegen die Plünderungen von Obstbäumen und Bienenvölkern durch Braunbären im späten Herbst ist. Zwar hat ein Hund gegen einen Bären keine Chance, aber es schreckt die Bären durchaus ab. Zudem bilden die Hunde eine Art dörfliches Alarmsystem, auch wenn es nicht sehr zuverlässig ist, aber ungewöhnliche Bewegungen des nachts auf den Straßen führen sofort zu einem weithin hörbaren Kläffkonzert.
Hunde sind auch ein Ersatz für Hausklingeln, die es hier so gut wie nicht gibt. Am Bellen des Hundes hört man, ob jemand vor dem Hoftor steht oder nur vorbei geht. Deshalb ist der zweite Name des Hundes meiner Nachbarin auch „sonerie“ – zu deutsch „Klingel“.

Zwei der schlimmsten Köter im Dorf
Zwei der schlimmsten Köter im Dorf

Wie verhält man sich zu Fuß auf der Straße (ohne Hund)?

Bei allen Hunden gilt vor allem eines: Keine Angst!
Hunde merken sofort, ob jemand unsicher ist oder Angst hat. Sie erkennen das nicht nur daran, dass man weg läuft (schwerer Fehler!), zögernd stehen bleibt oder rückwärts geht. ,,, sondern verstehen aich auch ausgezeichnet auf Körpersprache! Dazu etwas Hundepsychologie:
Was macht man als Mensch ganz automatisch, wenn ein Hund an einem hochspringen möchte?
Man geht einen Schritt zurück, um nicht dreckig zu werden und dann macht das der Hund immer wieder. Warum?
Hunde regeln vieles in ihrem Verhalten über die Beanspruchung von Raum. Wer Raum aufgibt, ist auf dem Rückzug und liefert dem Hund noch mehr Grund zu dominantem Verhalten. Daher ist es wichtig auf einen aufdringlichen Hund entschlossen und mit viel Körperspannung zuzugehen und ihn fest im Blick zu halten. Einen verstärkenden Effekt hat ein möglichst tiefes und intensives „Anknurren“ und einige schnelle Schritte auf den Hund zu. Hier in Rumänien hilft es auch, sich ganz schnell zu bücken und einen Stein aufzuheben. Gibt es keine Steine, so reicht es auch so zu tun, als würde man einen mit voller Kraft nach ihm werfen. Mit den Folgen dieser Bewegung hat jeder aufdringliche rumänische Hund schon Bekanntschaft gemacht. Ich halte es da mit der schwäbischen Weisheit, dass man immer ein Messer, einen Strick und ein paar Kieselsteine in der Hosentasche haben sollte 😉

Wichtig: Die oben empfohlene Verhaltensweise gilt nur auf den Straßen! Wer einen Hof betritt, in dem ein Hund frei läuft, sollte das Hoftor so schnell wie möglich wieder von außen schliessen!
Einige Häuser weiter gibt es einen altdeutschen Schäferhund, der seinen Hof mit Zähnen und Klauen verteidigt. Sobald ich mit meinem Hund dort vorbei komme, hängt er zähnefletschend am Gittertor zur Garage. Läuft er aber mal frei auf der Straße vor dem Haus, ist er mit meinem Hund und mir ein Herz und eine Seele. Auch der wirklich sehr kleine Pinscher meiner Nachbarin würde nicht davor zurückschrecken, mich in die Schuhe oder schmerzhaft on die Wade zu beißen, wenn er frei im Hof läuft oder ich in den Einzugsbereich seiner Kette käme.

Mit Hund zu Fuß auf der Straße

Hier tut sich jetzt ein weites Feld auf! Hat man einen kleinen Hund, rate ich seinen Hund keinesfalls hoch zu nehmen, auch wenn das der erste verständliche Reflex ist. Ist der Hund gut erzogen (ok, die meisten kleinen Hunde sind nicht gut erzogen, trotzdem…), vertraut er sowieso seinem Besitzer und bleibt sehr nahe neben oder hinter ihm. Wenig erzogene Hund sollte man grundsätzlich nur an der Leine führen, denn wenn der Kleine wegläuft, dann könnte das möglicherwiese schlecht für ihn ausgehen. Ansonsten gilt das Gleiche wie bei einem Zusammentreffen ohne Hund. Grundsätzlich ist es die Verantwortung des „Herrchens“, solche Situationen zu managen! Glauben Sie mir, Ihr Hund, auch wenn es ein großer Hund ist, weiß es zu schätzen, wenn sie seine Erwartungen an das Rudelverhalten erfüllen und Sie sind ja schließlich der „Chef des Rudels“.

Bei großen Hunden, in meinem Fall mit einem Schäferhund, schätze ich die Situation ab und lasse das die Hunde auch öfter selber regeln. Dabei kommt es in 99,9% der Fälle zu keinen ernsthaften Auseinandersetzungen. Aus erzieherischen Gründen lasse ich aber meinen Hund auch oft „bei Fuß“, und bereinige die Situation für ihn, um sein Vertrauen in meine (Hunderudel-)Kompetenz zu stärken. Das war die letzten Tage wieder die Regel, da meine Schäferhündin standhitzig (also deckungsbereit) war und sie dann halt hormonbedingt nichts mehr selber regeln kann, sondern trächtig wird 😉 . Das wäre dieses Jahr nicht in meinem Sinnne.

Begegnung mit einem alten Rüden
Begegnung mit einem alten Rüden

Der Ehrlichkeit halber muss ich hier anfügen, dass das Gassi-gehen mit einer läufigen Hündin eher einem Spießrutenlauf gleicht. Die Rüden sind dann völlig außer sich und penetrant. Allerdings wagen sie sich nicht unter einige Meter an mich und meinen Hund heran, aber diese Aufdringlichkeit nervt doch sehr. Aber auch hier ist wichtig, ruhig und bestimmt zu bleiben, denn Hunde riechen Nervosität, Anspannung und Ärgerlichkeit genauso wie Angst.


Weitere allgemeine Verhaltenstipps

Der liebe Straßenhund

Natürlich gibt es nicht ausschließlich nervende Hunde in rumänischen Dörfern. Hie und da ist auch mal ein Exemplar dabei, dem man wohl gesonnen entgegenkommt, weil er gar zu süß ist. Bei mir im Dorf gibt es z.B. einen Golden Retriever, bei dem man einfach nicht umhin kann, ihn zu streicheln. Allerdings sollte man beim Streicheln von fremden Hunden einige Dinge unbedingt beachten, um Missverständnisse zwischen Mensch und Hund zu vermeiden.

Fremde Hunde sollte man nur dann zu streicheln versuchen, wenn sie sich gemächlich, ohne Körperpannung und mit locker wedelndem Schwanz nähern. Unsere Instinkte sind in dieser Beziehung noch sehr zuverlässig. Aber auch über einen freundlich gesinnten fremden Hund sollte man sich nie drüber beugen. Ebenso wie das Streicheln über den Kopf ist das eine Zurschaustellung von Dominanz gegenüber den Hund, das der auch als Aufdringlichkeit oder gar als Angriff empfinden kann und ihn zu einer Abwehrreaktion veranlasst. Selbst der eigene Hund ist vom Streicheln über den Kopf in der Regel nicht begeistert, wenn man auf seine Körpersignale achtet. Beliebt dagegen sind die vordere Brust oder die vorderen Schultern.

Niemals sollte man sich einem Hund unbemerkt nähern. Wenn ein Hund erschrickt, ist seine erste Reaktion nach der Ursache des Schrecks zu beißen. Schon gar nicht sollte man über Hunde drüber steigen, wenn es nicht die eigenen sind oder man den Hund nicht sehr gut kennt.

Hunde an der Kette

In Rumänien sind im Innenhof angekettete Hunde leider noch sehr oft anzutreffen. Bei diesen Tieren sollte man auf jeden Fall auf ausreichend Abstand achten. Diese Hunde sind total frustriert und beißen in der Regel nach allem was sich bewegt und in die Reichweite der Kette kommt. Nicht von ungefähr spricht man ja von „Kettenhunden“. Außerhalb des Hofs sind sie entgegen der implizierten Symbolik des „losgelassenen Kettenhundes“ in der Regel aber eher feige.

Verwilderte Hunde in Rumänien

2014 gab es einen Aufsehen erregenden Fall in Bukarest, bei dem ein Vierjähriger von streunenden Hunden tot gebissen wurde. Ich kenne die Situation in den großen Städten zu wenig, um das Problem dort beurteilen zu können. In Sibiu kann ich zumindest kein Problem erkennen und bei mir im Dorf gibt es äußerst selten Rudel verwilderter Hunde, die wenn dann nachts durchs Dorf ziehen. Der Kläffalarm ist dann enorm und kommt aus diesem Grund eher selten vor. Auch wenn ich über Land fahre, sieht man selten Hunde, die man für verwildert halten würde. Die großen kaukasischen Hirtenhunde, die öfter den Eindruck von Streunern erwecken, gehören meist Schäfern, die ihre Schafe in der Nähe weiden.

Ich hoffe, dass diese Tipps weiterhelfen und die nächste Begegnung mit den Hunden in rumänischen Dörfern deshalb entspannter abläuft.


Ähnliche Beiträge:
-> Braunbären in Rumänien – Verhaltenstipps


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3 Comments

  1. Habe ihren Bericht über die Hunde in Rumänien mit großer Interesse gelesen. Ich wohne im Westerwald / Deutschland und habe 3 Hunde aus Rumänien über den Tierschutz. Ich denke, ein entspannter Urlaub in Rumänien mit Hund wird das nicht. Besser man lässt die eigenen Hunde zuhause, ist Stressfreier. LG, Dagmar Funk

  2. Hallo Frau Funk,
    ich kann das nicht beurteilen. Für alle meine Hunde die ich jemals hatte, war es schlimmer zuhause bleiben zu müssen. Bei Hunden aus dem Tierheim, dazu noch aus Rumänien oder auch Spanien, Portugal,… wird es sicher schwieriger, weil diese Hunde immer mehr oder weniger schlimm traumatisiert sind. Sie wissen das besser als ich.
    Solange eine Hündin nicht läufig ist, einen sicheren Abruf und „Beifuß“ beherrscht, ist es aus meiner Sicht in aller Regel stressfrei. Ich werde mir aber den Beitrag nochmals im Hinblick darauf genau durchlesen, ob ich darin einen faslchen Eindruck erweckt habe.
    LG (auch an Ihre drei Schützlinge) – Thomas Hupfer

  3. Hallo Herr Hupfer,
    Danke für die Antwort. Nein ,ich glaube nicht das Ihr Artikel falsch verstanden wird. Ich dachte eher, es könnte ein Spießrutenlauf werden, je nach dem wo man sich befindet .Natürlich sind die Hunde lieber mit auf Tour, als in einer Pension. Meine Hunde kommen aus Clui, Baia-Mare und Bistritza. So wie sie sich bei mir verhalten, hatten sie alle mal ein Zuhause. Leider werden viele Hunde beim Spazierengehen von den Hundefängern abgegriffen. Bringt Geld. Ein eher trauriges Kapitel. LG,D.Funk

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