Wenn ich in den letzten Jahren auf die Frage „Wo geht es im Urlaub hin?“ mit „Nach Rumänien!“ geantwortet habe, erntete ich in der Regel immer irritierte Blicke und Verwunderung und meist folgte dann die Frage „Weil es billig ist?„. Günstig ist ein Urlaub in Rumänien mitnichten, denn mit dem selben Etat für den selben Zeitraum bekommt man durchaus annehmbare und gute Pauschalangebote. Der Grund für Urlaube in diesen wesentlich ärmeren Ländern war die berufliche Verbundenheit meiner Lebensgefährtin mit Osteuropa und unser gemeinsames Interesse an der Kultur und Geschichte von Polen, Tschechien, Slowakei und eben auch Rumänien. Was wir dort kennen-, schätzen und lieben gelernt haben, war die Bodenständigkeit, die Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Menschen, die uns dort begegnet ist. Und jetzt geht es ans Auswandern – ausgerechnet nach Rumänien.
Auswandern nach Rumänien
Nun weiß ich aber auch, dass man Urlaub nicht mit dem Auswandern vergleichen kann und ich habe die Vor- und Nachteile für mich gründlich abgewogen und will hier von den Schwierigkeiten und Erfolgen unserer Auswanderung berichten. Diese Erfahrungen sind Ihnen beim Umsetzen Ihres Entschlusses nach Rumänien dauerhaft umzuziehen vielleicht hie und da eine Hilfe und das ist die Intention dieser Artikelserie.
Selbst zu recherchieren und Erfahrungen zu sammeln bleibt in Ihrer Verantwortung, aber ich bin gerne bereit, Ihre Fragen soweit ich kann zu beantworten.
Rumänisch sprechen – Als die Idee entstand
war es nur eine Träumerei, aber mir war klar, dass – sollte es soweit kommen – man in einem fremden Land nur leben kann, wenn man die Landessprache soweit beherrscht, dass man alles versteht und ausdrücken kann, womit man es im täglichen Leben zu tun hat. Ich hatte das erste halbe Jahr mit -> Mondly gelernt. Man lernt damit zwar viele Redewendungen, aber um sich ausdrücken zu können braucht man Wortschatz und das Schreiben ist im Rumänischen relativ einfach, wenn man die -> Aussprache beherrscht, denn Rumänisch wird genauso geschrieben, wie es gesprochen wird. Nur bei sogenannten Lehnwörter gibt es Ausnahmen. Nach dem Abarbeiten aller Lektionen von Mondly bin ich nach einiger Suche auf sprachenlernen24.de gestoßen und habe über zwei Jahre Vokabeln von A1 des Europäischen Referenzrahmens bis zum Abschluss der Stufe C2 gelernt. Dazu benötigt man pro Tag lediglich 17 Minuten laut sprachenlernen24.de, aber de facto waren es mit den Wiederholungen 25 bis 30 Minuten täglich.
Sehr geholfen hat mir dabei mein Arbeitsweg von rund 45 Minuten einfach. Die MP3-Dateien lassen sich so mit der Random-Wahl des Players abspielen und so kann man täglich alle gelernten Wörter wiederholen.
Insgesamt ist Rumänisch für jeden, der viele Fremdwörter aus dem Lateinischen kennt und etwas Englisch, Französisch, Italienisch oder Spanisch spricht, nicht sehr schwer zu erlernen. Lediglich die Grammatik ist ein spezielles Thema, aber dazu später mehr, da ich dieses Thema für mich lange ausgespart habe.
Wie will ich dort leben – Eine grundlegende Entscheidung
Rumänien ist ein Land der extremen Gegensätze. Die Bevölkerung der reichen Städte wie dem Wirtschaftszentrum Bukarest oder Cluj-Napoca wohnt zumeist in kleinen Wohnungen der Wohnblocks oder verschuldet sich für 30 Jahre mit dem Neubau eines der hässlichen modernen Einfamilienhäuser, fährt wenn dann noch möglich auch einen SUV, kauft teure Markenklamotten und zockt im Internet. Neid und Geldgier halten ihren Einzug. Trotzdem verlassen noch immer viele junge und durch das rumänische Schulsystem oft gut gebildete Menschen das Land und tun es den țigani (Roma) gleich, die in Deutschland ihr Glück und vor allem mehr Geld suchen. Besonders bemerkbar macht sich das z.B. bei Ärzten, die meist das Land verlassen, so dass deren Einkommen von der Regierung kürzlich gesetzlich verdreifacht wurde, um die Abwanderung etwas abzumildern.
Auf dem Land scheint die Zeit vielerorts stehen geblieben zu sein. Alte Bauern fahren wenn auch sauber, so doch schlecht angezogen mit ihrer Frau auf der Pferdekutsche zum Markt, in den durch mächtige Tore geschützten Innenhöfen wird in der Sommerküche im Freien gekocht und eingekocht, was der eigene Garten und der örtliche Markt hergibt, in den kleinen Dorfmagazinen trinkt man gerne einen Kaffee für einen Lei (1 RON ~ 22 Cent) und kauft seinen täglichen Bedarf ein.
Es gilt also einen Mittelweg für die künftige Heimstatt zu finden, mit dem man leben kann und der seinem persönlichen Naturell entspricht.
My home is my castle – Ein Zuhause
Zunächst war die Idee einen alten sächsichen Bauernhof zu kaufen, die en masse in -> OLX, -> Publi24 und auf den Seiten der rumänischen Immobilienmaklern angepriesen werden. Nachdem für Ende Juni 2018 eine Woche voller Besichtigungstermine vereinbart war, ließen wir diesen Gedanken schnell fallen. Die mit schönen Bildern angepriesenen Häuser waren überteuert und nicht ohne Grund schon seit vielen Monaten oder gar Jahren inseriert. Selbst wenn Nachlässe von bis zu 50% hätten verhandelt werden können, so war der Gesamtpreis mit der fast immer notwendigen Sanierung immer noch zu hoch. Unter Wasser stehende Keller, fehende Heizung, kein Bad oder billigst zu Tode renoviert.
Wer richtig viel Geld hat, Zeit und Arbeit investieren will, der kann in Rumänien noch Barockhäuser und alte feudale Herrenhäuser auf dem Land erwerben und sein eigenes kleines Schloss damit begründen. Uns hat der Arbeitsaufwand und die Gewissheit geschreckt, dass alte Häuser immer versteckte Probleme bergen, die immer wieder für Überraschungen und Ärger sorgen.
Unsere Anforderungen haben sich nach der ersten Besichtigungstour sehr klar herauskristallisiert:
- Der neue Wohnsitz sollte in Transsilvanien liegen, weil das landschaftlich immer eine Präferenz von uns war.
- Die Entfernung zum nächsten Flughafen sollte 30 bis maximal 50 km betragen
- Damit sollte auch eine größere Stadt mit etwas kulturellem Angebot verbunden sein
- Wasser, Strom und auch Gas sollte aus dem Gemeindenetz verfügbar sein
- In unmittelbarer Nähe sollte es einen Bäcker, einen regelmäßigen Markt, eine Apotheke, ein Restaurant oder zumindest Cafe und ein paar Läden für den täglichen Bedarf geben
- Das Haus sollte in einer ruhigen Gegend liegen, etwas Garten dabei haben und sofort bewohnbar sein.
- Die Nachbarn sollten uns und wir ihnen sympathisch sein
- Renovierungen sollten sich im Rahmen halten
Also folgte Anfang September 2018 eine weitere Besichtigungstour im Rahmen unseres Sommerurlaubs und nach etlichen erschütternden Maklerterminen war dann war es soweit. Ein jüngeres Ehepaar aus Sibiu bot uns eine Vollblockhaus aus Rundbalken an, das erst wenige Jahre alt war und über eine Gas-Zentralheizung, einen großen Wohnraum, ein Schlafzimmer, ein sehr kleines Zimmer, ein hübsches Bad, eine Gästetoilette und einen kleinen Garten mit der für uns ausreichenden überbauten Fläche von 127 qm, bzw. 108 qm bebaute Fläche verfügte.
Überbaute Fläche
Im Gegensatz zu Deutschland wird die Größe eines Hauses oft nicht nach den Quadratmetern der Innenräume, sondern nach überbauter Fläsche angegeben. Das heißt, das eine überdachte Veranda und der Balkon darüber als Wohnraum gilt.
Daher ist maßgeblich der Wert „in suprafata construita la sol“ – als wie groß die Grundfläche innerhalb der Außenwände ist.
Wir waren begeistert, denn alle unsere Bedingungen an eine neue Bleibe wurden erfüllt. Das war leider drei Tage vor unserem Abflug und aufgrund der vorangegangenen Immobiliensuchen waren wir jetzt knapp an Urlaub.
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Zum 2. Beitrag -> Der Hauskauf in Rumänien
Bei Fragen helfe ich gerne weiter. Manchmal bin ich per Chat erreichbar (siehe rechts unten) und per E-Mail antworte ich gewöhnlich innerhalb von 24 Stunden (außer am Wochenende 😉 ).
Eigentlich alles sehr gut beschrieben.
Allerdinges habe ich nirgends einen Hinweis auf den Kaufpreis gefunden.
Oder einen Hinweis auf den Durchschnittswert der Immobilie.
MfG
K.S.
Hallo,
das lässt sich allgemein schwer sagen, da es regional sehr unterschiedlich ist. Auf dem Land ist es wesentlich günstiger wie in der Stadt und je schlechter die Verkehrsanbindung, umso billiger. Das gilt sowohl für Haus als auch Gartengrund. Städte wie Bukarest und Cluj haben fast deutsches Großstadtniveau. Wir haben in Sibiu, Mediaş, Alba Julia und Bistriţa gesucht und dort ist es schon wesentlich günstiger. Dann ist das auch eine Frage des Komforts, den man erwartet. Man informiert sich am besten bei Immobilienanzeigen in großen Zeitungen (z.B. olx.ro), wo hauptsächlich Wohnungen und Häuser an Rumänen verkauft werden.
Viele Grüße!