Biegt man auf dem Weg von Blaj nach Târnăveni in Cetatea de Baltă rechts ab, so kommt man nach einigen Kilometern nach Tătârlaua (dt. Taterloch), einem ehemaligen Sachsendorf, das 1332 das erste mal urkundlich erwähnt wurde. Ungefähr in der Ortsmitte liegt rechter Hand die Kirche, die als quadratischer Saalbau mit einem langgestreckten Chor ohne Turm errichtet wurde. Da es keine dokumentarischen Nachweise für die Errichtung des Baus gibt, geht man aufgrund von Baustil und Datierungen der Wandfresken vom 14. Jhdt. aus. Von den vermuteten Wehrmauern ist heute keine Spur mehr zu finden.
Unsere Septembertour 2022: Kirchenburgen zwischen Blaji und Târnăveni
-> Die Kirchenburg von Bălcaciu (dt. Bulkesch)
-> Die Kirchenburg von Șona (dt. Schönau)
-> Jidvei (dt. Seiden) und seine Kirchenburg
-> Die Kirchenburg in Tătârlaua (dt. Taterloch)
-> Die Kirchenfestung von Ighișu Nou (Eibesdorf)
Weitere Links folgen, sobald die anderen Beiträge veröffentlicht werden.
Besichtigung: Von der Kirche aus biegt man nach etwa 200 Meter nach rechts in eine kleine Seitenstraße ein und in dem kleinen Haus links am Ende der Straße wohnt Herr Ioan Szekely, der die Schlüssel hat und Besuchern Pfarrhaus und Kirche zeigt.
Vom Haus unseres Kirchenburgenführers geht es durch den abgezäunten und sehr großzügigen Kirchgarten zunächst zum ehemaligen Pfarrhaus, das äußerlich nicht mehr im besten Zustand ist. Obwohl die Gemeinde nie über mehr als 1500 Einwohner verfügte, fand der Dorfpfarrer hier ein ansehnliches Zuhause vor. In einem der sehr sauberen Räume feiert der kleine Restbestand der evangelischen Gemeinde in Tătârlaua regelmäßig seine Gottesdienste, die im Gottesdienstprotokollbuch penibel notiert werden. Betreut wird die Gemeinde derzeit vom Pfarrer Dahinten aus Mühlbach. Weiter in Richtung der Kirche fällt ein kleiner Holzturm auf, in dem die Glocke hängt und neben der Kirche befindet sich noch das kleine Glöcknerhaus.
Wie viele Kirchenburgen in Siebenbürgen ist auch Tătârlaua eine turmlose Saalkirche. Ihr Eingang duckt sich unscheinbar und ist einfacher und kleiner als das Seitenportal, dessen Vorbau allerdings aus späterer Zeit stammt. Betritt man die Kirche, befindet man sich im Langhaus mit einer flachen Decke. Der Chor hingegen ist mit einem spätgotischen Netzgewölbe überspannt und im Vergleich zum Langhaus relativ hell.
Die Orgel wurde von Carl Einschenk aus Alba 1912 in Tătârlaua installiert und ist nicht mehr spielbar. Carl Einschenk hat im Laufe seines Berufslebens nur wenige Orgeln komplett selbst gebaut, oft auf den alten Orgelgehäusen aufgebaut und sehr viele Restaurationen durchgeführt. Die Pfeifen aus Zink sind teils mit Müll gefüllt und der mechanische Blasebalg ist defekt. Im Gegensatz zur eher spartanischen Orgel fällt im Chor der prunkvolle gotische Flügelaltar auf, der den wesentlich ärmeren Gemeindemitgliedern von Tătârlaua im 1805 von -> Jidvei (dt. Seiden) gegen Geld überlassen wurde. Allerdings wussten die Seidener damals nicht, was es mit dem Altar auf sich hatte…
1508 gefertigt stammt er noch aus der vorreformatorischen Zeit und ist ein Werk des berühmten Hermannstädter Malers Vincentius Cibiniensis. Im Zuge der Reformation wurden die Originale von dem als mäßig begabt eingeschätzten Birthelmer Maler Michael Hartmann 1715 überklebt und mit seinen eigenen Apostel- und Jesusdarstellungen bemalt. Erst zu Beginn des 19. Jhdts. entdeckte der Maler Hans Hermann, dass die Originale darunter noch erhalten waren und legte sie frei. Nur die Kreuzigungsszene im Schrein wurde belassen, was auch die farblichen Unterschiede zu den Flügeln erklärt. Ursprünglich waren dort drei geschnitzte gotische Figuren des Schwiegervaters von Vincentius Cibiniensis, die aber just zur Zeit der Verschlimmbesserung spurlos verschwanden. Aus heutiger Sicht hatten die Bewohner von Tătârlaua unwissentlich ein sehr gutes Geschäft gemacht.
Zwischenzeitlich wurde der Altar zweimal fachmännisch restauriert und erstrahlt seit 2018 wieder in seiner vollen Schönheit. Eine weitere und sehr beeindruckende Überraschung erwartet den Besucher an den Wänden des Langhauses, unter deren Putzschicht sich Fresken aus dem 14. Jhdt. und 15. Jhdt. erstaunlich gut erhalten haben.
Diese Fresken gelten als wertvoller kulturhistorischer Fund. Auf YouTube habe ich dazu noch einen Beitrag mit dem Pfarrer Dahinten aus Mühlheim und dem Restaurator gefunden. In diesem Beitrag sieht man auch kurz die kleine gotische Sakramentsnische in der Wand, von der leider die Türe fehlt.
Unsere Meinung: Ein Abstecher nach Tătârlaua lohnt sich also in jedem Fall!
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