Agheasmă, Taufe, Johannes – Dreikönigstag in Rumänien

O statuie cu un vas pentru agheasmă

In Rumänien gibt es am um den 6. Januar keine Sternsinger und keine Heiligen Drei Könige. Anstelle der Kinder ziehen vereinzelt junge Männer durch das Dorf, die zum Dank für ein im Hof vorgetragenes Lied ein paar LEI oder zumindest einen Schnaps erwarten. Hier bewährt sich wieder das für die Siebenbürger typische Hoftor, das man einfach abschließt, wenn man auf die Gesangsdarbietung keinen gesteigerten Wert legt.
Alles dreht sich an diesem Tag um Johannes, die Taufe und das Agheasmă.

Bildquelle Titelbild: -> Link

Nachdem am 1. Januar die „Beschneidung des Herrn“ gefeiert wurde, wird im orthodoxen Kirchenjahr am 6. Tag im Januar die Taufe Jesu durch Johannes zelebriert. Diese sogenannte -> Epiphanie zählt zu den Hoch- bzw. Herrenfesten und hat bei den immer noch überwiegend sehr religiösen Rumänen einen herausragenden Stellenwert. Schließlich hat die Rumänisch-Orthodoxe Kirche (Biserica Ortodoxă Română / BOR) rund 17 Millionen Mitglieder, das sind immerhin rund 87 Prozent der Rumänen, und in den Dörfern werden die religiösen Traditionen von vielen Bewohnern noch sehr gewissenhaft gepflegt.

Ein Feiertag kommt in der orthodoxen Kirche allerdings selten unvorbereitet und allein.


5. Januar – Ajunul Bobotezei – Schwarzes Fasten

Im orthodoxen Glauben gibt es vor dem 6. Januar einen Fastentag, an dem weder gegessen noch getrunken wird. Dieser Brauch geht auf das 4. bis 6. Jhdt. zurück, als sich die -> Katechumener1)2) insgesamt 40 Tage durch Fasten auf die Taufe am folgenden Tag, dem 6. Januar, vorbereitet haben. Nach der erfolgten Taufe wurde 9 Tage das Agheasmă Mare, das heilige bzw. geweihte Wasser getrunken.
Das ganztägige Fasten am 5. Januar ist inzwischen oft durch ein Fasten am Abend dieses Tages ersetzt worden, schließlich hat man gerade vor Weihnachten die 40-tägige Weihnachtsfastenzeit hinter sich gebracht. Dabei wurden komplizierte Regeln eingehalten.

Wie haben wir zu fasten? Über die gesamte Dauer der 40 Tage essen wir kein Fleisch, Milchprodukte und Eier. Jedoch ist der Verzehr von Fisch an allen Tagen – außer mittwochs und freitags – vom 15. November bis zum 17. Dezember erlaubt. Fisch essen wir auch am Tag des Tempelgangs der Gottesgebärerin (Εισόδια, 21. November), an welchem Tag dieses Fest auch immer stattfindet. Vom 18. Dezember bis zum 24. Dezember, Vortag des Festes, ist nur Wein und Öl erlaubt – außer natürlich mittwochs und freitags. Ebenfalls ohne Öl fasten wir am ersten Tag der Fastenzeit, am 15. November, genau wie am Vortag des Weihnachtstages, außer diese fallen auf einen Samstag oder Sonntag.

Quelle: -> orthpedia.de

1) Ich verlinke die deutschen Wikipedia-Seiten aus gewissen Gründen nur dann, wenn es um nicht-politische Themen geht.
2) Als Kathechumener bezeichnet man erwachsene „Heiden“ oder Juden, die zum christlichen Glauben durch die Taufe übertreten

An diesem und dem folgenden Tag geht der Priester mit den Kirchenvorständen durch das Dorf und segnet alle Häuser, deren Eingangstore nicht verschlossen sind. Ihm gehen vielerorts Kinder voraus, um ihn mit dem dreimaligen Ruf -> Chiraleisa anzukündigen. In Bucovina und Moldava werden sie dafür mit Äpfeln, Süßigkeiten oder Kuchen entlohnt. Priester und Gefolge betreten traditionsgemäß auch die Räume des Hauses, um den Segen zu spenden, wofür bei mir am Ort 40 LEI für den Preoten (Priester) und je 10 LEI für die Kirchenvorstände gespendet werden. Das entspricht etwa 15 €, was für hiesige Verhältnisse ein relativ großer Betrag ist.


6. Januar – Heilige drei Könige? – Botezul Domnului und Agheasmă!

Der liturgische Zwölftageskreis (26.12.-06.01.) beginnt mit dem Fest der Geburt Jesu und endet mit dem Fest- und Gedenktag zu Ehren des heiligen Johannes des Täufers. Vor allem wird aber auch die Taufe des Herrn (Botezul Domnului) durch den Johannes im jordanischen Wasser gefeiert. Dementsprechend hat dieser Feiertag im orthodoxen Kirchenjahr eine ganz besondere Bedeutung.

Quelle: ro.wikipedia.org

Durch den Ritus an diesem Tag gilt alles Wasser als geweiht, egal ob Quellen, Seen oder die Meere. So besehen hätte man an diesem Tag eine unerschöpfliche Quelle für Weihwasser, aber der Höhepunkt während der beeindruckenden und lang andauernden Messe ist das dreimalige Untertauchen des Kreuzes im Wasser, wodurch dieses Wasser erst zu -> Agheasmă wird.
Der Priester segnet mit diesem Wasser dann die liturgischen Gegenstände und Gewänder, die Kirchenglocken und Ikonen. Aus der Kirche nimmt man sich einen Krug voll des Agheasmă mit nach Haue und trinkt es für neun Tage jeden Morgen auf nüchternen Magen.


7. Januar – Soborul Sfantului Ioan Botezatorul

„Soborul Sfantului Ioan Botezatorul“ bedeutet wörtlich übersetzt „Synode des hl. Johannes der Täufer“ und bezieht sich auf die Erwählung als Täufer für Christus.

John the Baptist of Macedonia.jpg
De la Necunoscut – Domeniu public, Link

Daneben gibt es noch fünf weitere Feiertage zu Ehren Johannes des Täufers, die seine herausragende Stellung im orthodoxen Glauben unterstreichen:
– 23. September: Zeugung
– 24. Juni: Geburt (in Deutschland der Johannis-Tag)
– 29. August: Enthauptung
– 24. Februar: Erste und zweite Wiederentdeckung seines Kopfes
– 25. Mai: Dritte Wiederentdeckung seines Kopfes

Zur seiner Enthauptung gibt es die Überlieferung, nach der die Frau des Herodes ihre Tochter angestiftet haben soll, als Belohnung für einen Tanz den Kopf von Johannes zu fordern, den sie dann auch bekommen hat. Der Überlieferung nach wurde Johannes in Samaria begraben. In den Berichten der Historiker Rufinus und Theodoret liest man, dass sein Grab zur Zeit des Kaisers Julian im Jahre 362 geschändet wurde. Einige der Reliquien wurden verbrannt, andere nach Jerusalem und dann nach Alexandria gebracht. Über den Kopf ist nicht viel bekannt, außer dass er dreimal verloren ging und dreimal wieder gefunden wurde. Heute ist das Haupt des Heiligen in Rom.

Meister von Gracanica (I) 001
Fresken in der Kirche von Gracanica

Interessanterweise wird dieser Tag trotz des traurigen Ursprungs als Tag der Freude gefeiert. Es heißt, wer sich an diesem Tag nicht freut, wird das ganze Jahr traurig sein. Wer diesen Tag dagegen feiert, dessen Haus und Tiere seien vor Feuer und wilden Tieren geschützt.

Etwas aus der Mode gekommen ist offenbar der Brauch „Iordănitul femeilor“, bei dem sich die Frauen des Dorfes beim örtlichen Wirt versammeln. Essen und Trinken bringen sie dabei selbst mit und sie feiern dort bis weit in den Morgen. Bei mir im Dorf ist dieser Brauch allerdings unbekannt, was aber auch daran liegen kann, dass es hier kein Wirtshaus gibt.


Am 7. Januar enden damit die Festlichkeiten rund um die „Erscheinung des Herrn“ und des Agheasmă, bis mit dem 2. Februar und damit 40 Tage nach Christi Geburt der nächste hohe Feiertag unter dem Namen „Gruß des Herrn“ (Întâmpinarea Domnului) ins Haus steht.

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