Volksbegehren „Rettet die Bienen“

Rettet die Bienen

Der Antrag auf ein Volksbegehren in Bayern war bereits erfolgreich. 18,5% der abstimmungsberechtigten Bayern haben unterschrieben. Warum der vorgeschlagene Gesetzentwurf weit über das Ziel hinausschießt und in einigen Teilen vermutlich bewusst unpräzise formuliert, möchte ich hier erläutern.

Politik mit Emotionen

Der emotional verbrämte Titel des Volksbegehrens weckte mein Misstrauen. Mit Gefühlen lässt sich gut Politik machen, denn wer wollte denn nicht kleine unschuldige Lebewesen retten. Zudem bin ich kein Freund der Partei der Grünen, die uns bereits vor dem Atomtod durch die NATO-Nachrüstung, dem Waldsterben, dem Rinderwahnsinn, der Vogelgrippe, Chlorhühnern und einem Fukushima durch Tsunamis an deutschen Flüssen in Angst und Schrecken versetzt hat.

Gefühle sind in der Politik schlechte Ratgeber und der Titel des Volksbegehrens zielt genau darauf ab: „Rettet die Bienen“!
Welche Bienen? Honigbienen oder Wildbienen oder beide? Wer muss gesetzlich in die Pflicht genommen werden und warum?

Honigbienen und Imker in Deutschland

Wenn die Bienen gerettet werden müssen, droht offensichtlich eine Gefahrenlage, die zu deren Aussterben führt. In den letzten Jahren waren Honigbienen durch die Varroa-Milbe bedroht, dem wichtigsten Bienenschädling und jetzt sollen die Bienen sogar ganz aussterben? Es muss wirklich schlecht um die Bienen stehen. Sehen wir uns die Zahlen von statista an:

Zahl der Bienenvölker nach Bundesland
Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/152920/umfrage/bienenvoelker-in-deutschland/

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. In allen Bundesländern ist die Zahl der Bienenvölker über die Jahre seit 2013 konstant gewachsen. Die Angaben des Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in -> Fakten und Datenaus Bayern 2016 weichen sogar erheblich nach oben ab und werden aktuell für 2018 mit knapp 300.000 Bienenvölkern angegeben.

In den vergangenen fünf Jahren sind 4.000 neue Imkerinnen und Imker in die Bienenhaltung eingestiegen. Damit ist die Anzahl der aktiven Imker auf rund 35.000 angewachsen. Aufgrund des günstigen Wetters in diesem Sommer hat im Schnitt jedes der von ihnen betreuten rund 300.000 Bienenvölker 37 Kilo Honig eingebracht.

http://www.stmelf.bayern.de/landwirtschaft/tier/001319/

Da ich regierungsamtlichen Zahlen nur beschränkt vertraue, halte ich mich an das Statistik-Portal statista und auch aus deren Zahlen lässt sich kein Bienensterben ableiten, ganz im Gegenteil.

Einsatz von Glyphosat

Grundsätzlich bin ich ein Gegner von Chemiewaffeneinsätzen jedweder Art, auch in der Landwirtschaft! Biobauern sind heute in der Lage, ihre Produktivität erstaunlich hoch zu halten, indem sie verbesserte Methoden zur Bodenpflege und Fruchtfolge einsetzen.
Glyphosat ist kein Insektizid, sondern ein Herbizid. Glyphosat kann nur für die Totalvernichtung von Pflanzen auf Feldern und Ackerflächen oder als Unkrautvernichtungsmittel für entsprechend genveränderte Sorten eingesetzt werden, die resistent gegen Glyphosat sind.

Tatsächlich ist der Verbrauch von Glyphosat weltweit enorm angestiegen.

Verbrauch von Glyphosat weltweit
Quelle: https://www.lfl.bayern.de/ips/unkraut/192703/index.php

Was viele Vegetarier und Landwirte nicht zu wissen scheinen ist die Tatsache, dass damit vor allem Sojabohnen behandelt werden. Sie werden neben Raps und Palmöl auf -> Betreiben der Grünen dem „Bio-Sprit“ zugesetzt. Auch hier betreibt man Etikettenschwindel, denn „Bio“ ist der -> Bio-Sprit nicht. Soja wird in großen Mengen auch als Eiweiß-Lieferant in der Tierzucht verfüttert und dadurch steigt zwangsläufig nicht nur der Verbrauch an Glyphosat in den jeweiligen Anbaugebieten, sondern auch die Umweltverschmutzung durch den Transport mit schwerölbetankten Frachtschiffen über die Weltmeere hinweg.

Anteil von Glyphosat in herbizidresistenten Kulturen
Quelle: https://www.lfl.bayern.de/ips/unkraut/192703/index.php

Dass Glyphosat in Deutschland vor allem von der zunehmenden Zahl der Agrarindustriebetriebe ausgebracht wird und weniger vom bayrischen Landwirt, ist auch Folge der Förderung von Biosprit und Biogas und der damit zwangsläufig einhergehenden Monokulturisierung.

Für Deutschland zeigen die derzeit verfügbaren Zahlen von 2016 jedoch, dass der Verbrauch sowohl von Glyphosat als auch von Herbiziden insgesamt seit 2014 wieder rückläufig ist und ein Artikel von 11/2017 in der -> Welt lässt hoffen, dass aufgrund des öffentlichen Drucks beim Anbau von Lebensmitteln zunehmend freiwillig darauf verzichtet wird, obwohl die EU vorläufig die Verwendung weiter genehmigt hat.

Glyphosatabsatz in Deutschland
Quelle: https://www.lfl.bayern.de/ips/unkraut/192703/index.php

Bienen und Glyphosat

Die Auswirkungen auf Bienen wurden von der University of Texas at Austin untersucht und die Studie -> Glyphosate perturbs the gut microbiota of honey bees spricht im Konjunktiv und findet letztlich keinen Beleg, der auf Glyphosat als Bienentöter hinweist.

Da Bienen-Darm-Symbionten die Bienenentwicklung, die Ernährung und die Abwehr natürlicher Feinde beeinflussen, können Störungen dieser Darmgemeinschaften ein Faktor sein, der die Bienen anfälliger für Umweltstressoren wie schlechte Ernährung und Krankheitserreger macht.

Since bee gut symbionts affect bee development, nutrition, and defense against natural enemies, perturbations of these gut communities may be a factor making bees more susceptible to environmental stressors including poor nutrition and pathogens.

Quelle: https://www.pnas.org/content/115/41/10305

Ich möchte an dieser Stelle nochmals betonen, dass ich ein entschiedener Gegner des Einsatzes von Pestiziden bin. Die Zunahme der Bienenvölker in Deutschland widerspricht jedoch der Annahme, dass Glyphosat das Aussterben der Bienen befördert.

Oder geht es um Wildbienen?

Es ist unbestritten, dass viele Arten unserer Wildbienen und deren Verwandte vom Aussterben bedroht sind. Die Ursachen dafür sind jedoch nicht nur in der Land- und Forstwirtschaft zu suchen, sondern vor allem im deutschen Drang zur „Landschafts- und Gartenverschönerung“. Der Lebensraum dieser Insekten sind Lehm-, Sand- und Kiesgruben, Totholz, Böschungen, Wald- und Feldrändern, „ungepflegte“ Gärten und verwilderte Stadtgebiete. Vor allem die Städte und Gemeinden neigen seit einigen Jahrzehnten dazu, ihre Anlagen und Parks ständig zu mähen, zu schneiden, auszuholzen und zu pflegen, anstatt Bereiche davon einfach verwildern zu lassen und damit auch für Wildbienen Lebensräume zu schaffen. Gleiches gilt auch für die privaten Gärten, wie der Bauernverband richtig erwähnt. Der Antrag zum Volksbegehren schlägt aber nur auf die produzierenden Bereiche Land- und Forstwirtschaft ein.

Viele Wildbienenarten sind hochspezialisiert auf bestimmte Blühpflanzen, teils sogar auf Blüten einer einzigen Gattung. Nur Kenner vor Ort wären daher in der Lage, die Wildbienenpopulation zu bestimmen und die zu säenden Pflanzen auszuwählen. Hilfsaktionen wie die des SWR 2016 (siehe -> Punkt 4 Medien) vermitteln zwar ein gutes Gefühl, sind aber leider völlig sinnlos.

Aber selbst wenn es ausreichend Nistmöglichkeiten und Nahrungsangebot gibt, werden andere Probleme nicht erwähnt:
Der weltweite Handel mit kommerziell gezüchteten Hummel- und Bienenvölkern zur Intensivierung der Bestäubung verursacht die Verschleppung von Viren, Parasiten und Pilzen.
Der vor allem von Grünen und dem Mitinitiator -> ÖDP favorisierte Ausbau der Windenergie ist kontraproduktiv für viele -> Arten und auch Wildbienen und Honigbienen scheinen Windräder großräumig zu meiden, da der erzeugte Infraschall ihre Kommunikation erheblich stört. Zumindest berichten Imker, dass die Erträge ihrer Völker in diesen Bereichen auffällig stark zurück gehen.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt hat in der Studie -> Interference of Flying Insects and Wind Parks eindrücklich die Problematik der Windparks und ihre Auswirkungen auf Insekten dargelegt.


Bauernsterben

Bayern ist dabei ein Sonderfall in Deutschland, da hier die verbleibenden kleineren Höfe teilweise großzügig finanziell gefördert werden, wenn sie Natur- und Umweltschutzmaßnahmen ergreifen. Das hat viele Bauern auch veranlasst Flächen stillzulegen oder auch ganz auf biologischen Landbau und teils auf Eigenvermarktung zu setzen, zumal die Preise derzeit noch bezahlt werden.
Auf der Seite -> EU-Agrarfonds des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung lassen sich für jeden Landwirt die Zahlungen nach Maßnahmenbezeichnung aufgeteilt einsehen. Dabei wird deutlich, in welchem Umfang bereits Greeningprämien und Umweltschutzhilfen gezahlt werden. So haben die Stillegungsflächen und Brachen von 2017 bis 2018 um 13,4% zugenommen (Quelle: BMEL, MBT-0104130-0000), was man durchaus als Erfolg werten kann.
Leider setzt sich das Sterben der kleineren und ihrer Heimat verbundenen Bauern zugunsten immer größerer Betriebe trotzdem weiter fort.

1999 gab es noch 470.000 landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland mit über 1,4 Millionen Mitarbeitern. 2016 waren es nur noch 275.000 Betriebe mit 940.000 landwirtschaftlichen Arbeitskräften.

Quelle: https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2017-11/umweltbewusstsein-landwirtschaft-konsum-verbraucher

Es findet eine landwirtschaftliche Industrialisierung in Deutschland statt, die ohne den massiven und flächendeckenden Einsatz von Pestiziden gar nicht auskommen kann und auf jedes Verbot werden vermutlich neuartige und möglicherweise gefährlichere Mittel entwickelt und verwendet werden, um die Erträge der Monokulturen hoch zu halten.

Produktionsvorgaben

Der deutsche Bio-Lebensmittelumsatz wird in Deutschland auf rund 10 Milliarden Euro geschätzt, so dass mehr und mehr dieses Bedarfs trotz steigender innerdeutscher Bio-Produktion aus dem Ausland importiert wird. Australien, Argentinien, Indien und China produzieren zu Preisen, die einem deutschen Bio-Bauern die Tränen in die Augen treiben. Landwirte in dieser Situation dazu zu zwingen eine Öko-Landbauquote von 30% zu erfüllen, könnte für viele Bauern zur Existenzgefährdung führen. Karotten, Knoblauch und vor allem Getreide in Bio-Qualität werden billig importiert, so dass der Ausbau des ökologischer Anbaus in Deutschland ruinös wäre.

Produktionsvorgaben erinnern stark an die Planwirtschaft in sozialistischen Staaten und sind nur mit Eingriffen in die Eigentumsrechte durchzusetzen oder sie bleiben leere Wunschquoten.

Schlussfolgerung

Der Antrag zum Volksbegehren liest sich für mich über weite Stecken wie ein Angriff auf die bayerische Landwirtschaft. Die kleineren bayerischen Bauern werden verunglimpft, weil sie eine leichtere Beute sind als grüne Ideologen oder die EU, die Glyphosat weiterhin zulässt und die Industrialisierung der Landwirtschaft extrem fördert.

Nichtsdestotrotz enthält der Antrag zum Volksbegehren gute und wichtige Ansätze, die sicher unterstützenswert sind und deren Umsetzung Erfolg verspricht. Das gilt z.B. für die Lichtverschmutzung und die Trockenlegung von Sumpfflächen. Seine Intention ist jedoch totalitär, weil an die Stelle des Überzeugens und Steuerns Zwang und Strafandrohung tritt. Forderungen wie ein Walzverbot nach dem 15. März sind wirklichkeitsfremd, wenn man an Höfe nahe der Alpen oder in größeren Höhen denkt.

Die Festlegung fester Quoten zu festen Terminen (30% bis 2030) dürfte erhebliche Probleme bereiten, denn bereits jetzt findet -> nicht mehr jeder Landwirt eine Molkerei, die ihm seine Bio-Milch abnimmt. Das Argument es würden noch sehr viele Bio-Produkte importiert verfängt nicht, denn vieles lässt sich in Deutschland nicht mehr gewinnbringend oder wie z.B. Bananen überhaupt nicht anbauen.

Aus diesem Grund hoffe ich, dass die Initiatoren des Volksbegehrens in Zusammenarbeit mit der Staatsregierung und den Betroffenen mehr auf Konsens anstatt auf Zwang setzen, sonst könnten wir auch wie bei der -> Energiewende nur eine Verlagerung der Probleme ins Ausland erleben. Wir sind dann zwar die Guten, aber das Artensterben findet dann halt woanders statt.

Auch interessant: Warum in ihrem „Bienenhotel“ so gut wie keine Biene wohnt (-> siehe Punkt 2).

Nachtrag [30.07.2019]: Auf -> addendum.org findet sich zu diesem Thema ein interessanter Videobeitrag.

Ähnliche Artikel:
-> #ReferendumFamilie in Rumänien
-> Rumänien und der Migrationspakt

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