Der Vârful Frumoasa (2.168 m) liegt im Cindrel-Gebirge der Karpaten südlich von Sebeş (Mühlbach) und die Legende von „der Schönen“ (Frumoasa) erzählt wie diese Landschaft entstanden ist. Ich bin auf diese Geschichte durch einen Dokumentarfilm über die „Straße der Könige“ (Drumul Regelui) aufmerksam geworden, den ich unten einbinde und der über den Bau der Transalpina mit beeindruckenden Bilder von damals und heute erzählt.
Da diese beeindruckende Legende nirgendwo auf Deutsch zu finden war, habe ich sie hier aus verschiedenen rumänischen Quellen zusammengetragen und übersetzt. Im Film findet man eine Kurzfassung, die mit Aufnahmen aus dieser Gegend des Cindrel-Gebirges hinterlegt ist.
Bildquelle Titelbild: CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=129770
Zur Einführung
Seit Jahrtausenden treiben die Schafhirten im Frühjahr ihre Herden flußaufwärts in die Berge zu den Almen. Einige Pferde und Esel tragen die wenigen Habseligkeiten, die sie dort bis zum Winterbeginn benötigen. Seit der Ägide der Draker hat sich vermutlich nicht viel verändert. Während diesen Zeiten der Einsamkeit wurden an traditionellen Plätzen oben in den Bergen Nedei (Bergfeste) organisiert, bei denen sich die Bewohner nördlich und südlich der Karpaten mit den Hirten trafen, miteinander feierten und auch so manche Ehe zustande kam. Dumitru Budrala nennt als einen dieser Orte die Poiana Muierii (Frauenlichtung) auf der südlichen Karpatenseite im Valea Jiului. In der Nacht der Sommerfeen (Sânziene), die eine Unterart der -> Iele sind und sich in bestimmten Blüten (siehe Titelbild Galium verum) manifestieren können, fand jedes Jahr das größte dieser Feste dort statt. Bis aus dem weit über 100 km entfernten Tilişca reisten die Männer und jungen Frauen in ihren Festtrachten an, um Waren zu tauschen, aber auch um tagelang zu feiern und zu tanzen.
Die Legende der Frumoasă
Zu einem dieser Feste kam aus einem Tal, das im oberen Teil des Mühlbachs liegt, dem heutigen Vârful Frumoasa (das Schöne Tal) ein so schönes Mädchen, dass man ihren Namen überhaupt nicht kannte, weil es von jedermann nur Frumoasa (die Schöne) genannt wurde.
Als sie mit ihren Gefährten ankam, hingen die Blicke aller Anwesenden an ihr und die Bewunderung für ihre Schönheit, Kraft und Anmut beim Tanz war grenzenlos. Nur ein Hirte schien sie vollständig zu ignorieren. Es war Cindrel, der kräftigste und stolzeste Hirte auf diesem Fest. Er hatte nur Augen für seine Măriuca aus Ştefleşti. Den ganzen Tag tanzte er nur mit ihr und kein anderer Hirte wagte es um einen Tanz mit ihr zu bitten, denn jeder wusste, dass Mariuca vom Winter an Cindrels Braut sein würde.
Frumoasa aber verliebte sich augenblicklich in Cindrel und tanzte mit keinem der anderen Hirten. Als die Nacht hereinbrach und Cindrel sie immer noch keines Blickes gewürdigt hatte, setzte sie sich abseits auf einen Stein und begann so herzerweichend zu singen, dass die Sânziene herabstiegen und sie fragten, warum sie so allein hier sitze und über den Schmerz der ungeteilten Liebe singe. Sie nahmen sie in ihre Mitte und versprachen ihr, dass sie niemals wissen würde, was Traurigkeit ist, wenn sie mit ihnen käme und dass sie für immer jung und schön bleiben würde. Als das Mädchen ihnen erzählte, dass sie auf Cindrel warte, sagten die Elfen ihr, dass er Măriuca in seinen Armen halte und sie ihn sehen könne, wenn sie sich ihnen anschlösse.
Die Feen gaben Frumoasa das Versprechen „Komm mit uns und werde zu Einer von uns. Ein Jahr lang gehe mit uns um die Welt, dann kannst Du wieder zurück und die Kräfte, die wir Dir in diesem Jahr geben, werden Dir für sieben Jahre erhalten bleiben. Nach sieben Jahren kannst Du wählen, ob Du feenhaft werden möchtest wie wir oder ob Du irdisch bleibst und Deine Kräfte verlierst. Wenn Du allerdings in diesen sieben Jahren mehr als dreizehn Männer ins Verderben stürzt, wirst Du sterben.„
Frumoasa sagte in ihrem Schmerz ohne lange zu überlegen zu und die Sânziene zogen sie in ihrem Reigen mit sich in Richtung Himmel. Aus der Höhe konnte Frumoasa Cindrel und Măriuca in inniger Umarmung tanzen sehen und ihre Sehnsucht wandelte sich plötzlich in rasende Rachsucht. Auf ihren Wunsch hin zogen die Sommerfeen auch Cindrel und Măriuca mit sich in die Höhe, immer höher und höher in die Gefilde des Himmels. In schwindelerregenden Reigen sang Frumoasa und hielt Cindrels Hand und der hielt Măriuca mit der anderen Hand. Als sie zwischen den Fixsternen ankamen, endete der Reigen plötzlich, die Hände lösten sich und die beiden Liebenden fielen wie Kometen auf die Erde zurück und wurden auf den Bergen zerschmettert.
An den Stellen, an denen Cindrel und Mariuca aufschlugen, traten zwei Wasserquellen hervor und füllten die Krate, die ihre beiden Körper beim Aufschlag hinterlassen hatten. So entstand der Lacul Iezeru Mare (Großer See) wo Cindrel und der Lacul Iezeru Mic (Kleiner See) wo Măriuca ums Leben gekommen war. Von den beiden Bergseen rinnen zwei kleine Bäche ins Tal, ihre Läufe treffen und vermischen sich und die traurige Geschichte der beiden Liebenden verliert sich in diesem Wasser.
Der höchste Gipfel dieser Berge, der sich im kristallklaren Wasser des Großen Sees widerspiegelt, wurde nach dem Hirten Cindrel genannt und auch das Tal der Schönen erinnert noch an diese Legende.
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